Der Lebenskoffer

Habt Ihr schon mal darüber nachgedacht, wie viel Gewicht Euer Leben hat? Stellt Euch vor, Ihr müsstet Euer Leben in nur einem Koffer verstauen. Mit all dem Zeug, das Euer Leben ausmacht: Beginnen wir also zunächst mit den kleinen Dingen. Bücher, Erinnerungsstücke, Dinge aus Euren Regalen und Schubladen, der Krimskrams, der uns täglich umgibt. Jetzt kommen die größeren Sachen: Kleidung, elektronische Geräte, Lampen, der Fernseher... Der Koffer dürfte jetzt schon kaum zu tragen sein. Das bequeme Sofa, das Auto, Eure vertraute Wohnung...

Was macht Euer Leben darüber hinaus aus? Was gehört noch in einen Lebenskoffer? In jedem Fall die Menschen, die teilhaben an unserem Leben. Lockere Bekanntschaften, nette Nachbarn, die Arbeitskollegen. Und dann sind dann noch die Menschen, denen wir uns anvertrauen: Geschwister, Eltern, die Lebenspartner, die besten Freunde...

Der Lebenskoffer ist nicht mehr zu tragen. Spürt Ihr das Gewicht? Zwischenmenschliche Beziehungen sind der schwerste Bestandteil des Lebens. Die ganzen Streitereien, Diskussionen und Geheimnisse...die vielen Kompromisse und schmerzlichen Erfahrungen, Erfolge und Misserfolge, gute und schlechte Tage, Gewinn und Verlust.

Aber auch die vielen schönen Momente, die uns das Leben bereitet, all die schönen Erinnerungen und Erlebnisse, die sonnigen Seiten des Lebens...all das gehört auch in Euren Lebenskoffer. Zu tragen ist er bei diesem Gewicht schon lange nicht mehr. Was lässt man also folglich davon weg, wenn man nur einen einzigen Koffer mitnehmen darf?

So muss sich meine Mutter gefühlt haben, als sie damals für uns die Lebenskoffer gepackt hat, um in Deutschland ein neues Leben zu beginnen. Es war ein Neuanfang für uns und gleichzeitig ein schmerzvoller Abschied. Wir haben alles Materielle in unserem alten Leben gelassen. Und auch das, was ein Leben in erster Linie ausmacht: Freunde, hilfsbereite Nachbarn, nette Bekannte, Arbeitskollegen und Mitschüler.

Zugegeben, der Preis des Neuanfangs war sehr hoch und hat uns allen viel abverlangt. Aber es hat sich gelohnt, trotz der vielen Steine auf unserem neuen Weg. Allen Hindernissen zum Trotz haben wir uns ein neues Leben aufgebaut, die alten Lebenskoffer verstaut und angefangen, neue zu packen. Von Hoffnung und Zuversicht getrieben.