Unlove you

Liebe: Manchmal kommt sie schlagartig, manchmal leise und unauffällig. Doch was, wenn sie nicht erwidert wird? 

Da hilft nur eins: ENTLIEBEN. Aber ist das möglich? Ja, das ist es! Es ist ein langer Weg, ein schmerzvoller Prozess, aber es ist möglich!

Das schwarze Loch

Sie sitzt auf dem Fußboden in einer Ecke, dort, wo sie sich sicher fühlt. Ihr Gesicht vergräbt sie in ihren zitternden Händen. Es ist dunkel und leise. Ein stechendes Gefühl in ihrer Brust und dann sackt sie zusammen. Wird ganz klein. Einsam. Verlassen. Ihre Seele so geschändet.

Es ist der Moment, in dem sie realisiert, dass ihr Herz gebrochen wurde. Es ist, als würde die Welt einfach stehen bleiben. Sie vergisst alles um sie herum. Sie erinnert sich nicht mehr daran, was sie schon alles im Leben überstanden hat. Wie stark sie ist. In diesem einen Moment ist sie es nicht. Sie blendet aus, was sie schon alles überstanden hat. Sie erinnert sich nicht daran, was sie im Laufe der Zeit alles gelernt hat. Es ist eine hinterhältige Amnesie, die sich über ihren Verstand und ihr Herz legt und alle ihre Fähigkeiten verdeckt, die ihr jetzt helfen könnten.

Sie weint. Vermisst. Trauert. Sie schweigt und hält den Schmerz einfach aus. Sie ist wie gelähmt. Sie isst nicht. Sie vergisst sich. Verzweifelt. Verkriecht sich tagelang im Bett. Irgendwas stirbt in ihr. So unwiderruflich. 

Irgendwann sind alle ihre Tränen ausgeweint. Sie atmet wieder gleichmäßig ein und aus. Erschöpfung. Leere. Sie liegt einfach nur da. Ganz gleich wo. Nichts zählt mehr. Er hat ihr auch das Lächeln genommen. Alles ist bedeutungslos, alles dreht sich nur um den Schmerz. Ihre Gedanken flehen um ein bisschen Liebe, ein bisschen Trost, um Vergebung. Sie hat keinen Halt mehr. Etwas wurde ihr entrissen. Und zertreten.

Es ist grausam. Es zerreißt. Es verändert. Es laugt aus. Und besiegt sie - immer wieder. Es ist jedes Mal neu und jedes Mal schmerzhaft. Man lernt zwar mit der Zeit, mit diesem Schmerz des gebrochenen Herzens anders umzugehen. Aber der Augenblick, in dem es gebrochen wird, lässt das Herz sterben. Jedes Mal aufs Neue.

Zeit

Irgendwann sind alle ihre Tränen versiegt. Irgendwann verschwindet auch diese Amnesie, die sie paralysiert hat. Einfach so. Die Zeit wird zu ihrer Komplizin, zu ihrer Rettung. 

Plötzlich erinnert sie sich wieder: Man muss im Leben auch Abschied nehmen, um voran zu kommen, um sich selbst zu schützen. Man muss im Leben Abschied nehmen - manchmal auch, um jemand anderen begrüßen zu können. Um neue Artikel im Lebensbuch verfassen zu können. Man kann keine Seiten aus dem Buch des Lebens rausreißen. Aber es ist möglich, ein neues Kapitel zu beginnen. Immer wieder aufs Neue, wenn es sein muss.

Sie erinnert sich daran, dass das Leben manchmal auch Umwege macht, Risse enthält, manchmal gar zerstört werden kann. Aber nicht auf Dauer, nicht für immer. Es kann schön und es kann grausam sein. Aber letzten Endes gibt es nichts Besseres als das Leben.

Sie erkennt, dass nur das besondere Trio ihr beim Entlieben helfen kann: Vernunft, Selbstachtung und Disziplin.

Die Listen

Sie behilft sich mit ihren Listen, die ihr auch in anderen, weniger dramatischen Lebenslagen als verlässliche Unterstützer stets zur Seite stehen. Links schreibt sie auf, was sie alles tat, um ihm zu gefallen, ihn glücklich zu machen, um ihn zu halten, sie notiert, wie viel sie an Gefühl, Zeit und auch Geld investiert hat. Rechts steht, was er getan hat, um sie zu halten. Das geschriebene Wort, so deutlich, klar und ohne Interpretationsmöglichkeit, führt ihr deutlich die bittere Wahrheit vor Augen: Die rechte Spalte bleibt fast leer. Sie hat sich zum Deppen gemacht.

Ja, diese wichtige Erkenntnis schmerzt und es gilt sie auszuhalten. Es gilt auch, sich zunächst selbst zu vergeben. Dass sie sich selbst diesem Szenario ausgesetzt hat, dass sie sich mit so wenig zufrieden gegeben hat, dass sie sich selbst verraten hat. Dass sie es selbst zugelassen hat, dass er ihr den Atem, so viele Orte, so viele Lieder und so viel Hoffnung nehmen konnte.

Das Entlieben

Aber dann kommt der herrliche Moment, in dem das Entlieben einsetzt. Es folgen Wut, Ärger und ohnmächtiger Zorn. Ihm gegenüber und ihr selbst gegenüber. Ab diesem Moment muss sie allen Rückfällen widerstehen, sie muss alle Versuchungen und sentimentale Momente eiskalt ignorieren. Und wird dafür das Wertvollste ernten: Sich selbst. Es ist nicht einfach, aber von einfach war nie die Rede.

Alles auf Anfang

Plötzlich weiß sie, es wird ihr auch wieder besser gehen. Sie kann auch ohne ihn. Sogar besser und befreiter. Das undurchsichtige Labyrinth löst sich auf. Sie kann ihren Weg wieder sehen. Sie hat es überstanden. 

Was bleibt, ist ein fader Nachgeschmack. Sie erkennt so deutlich, dass dieser Handwerker der Unglücks ihr in erster Linie Trostlosigkeit, Kälte, Instabilität und Gleichgültigkeit ins Leben geschleppt hat. Aber das hat sie wiederum auch gelehrt, was sie definitiv nicht will und für ihre Zukunft kategorisch ausschließt. Es ist eine bittere, aber auch eine wichtige Lektion für ihr Leben.

Alles ist plötzlich wieder klar und deutlich. Nichts verschwimmt mehr. Sie hat sich wieder. Sie lässt los. Und wird von der unumstößlichen Hoffnung beflügelt, das zu bekommen, was wirklich für sie bestimmt ist.

In all den wunderschönen, leuchtenden Farben des Lebens und der Liebe.