Generation 'unverbindlich'

"Vielleicht" ist das Lieblingswort der Generation 'unverbindlich', die es verlernt hat, sich festzulegen. Längst sind wir dazu übergegangen, Partnerschaften nicht zwingend fürs Leben, sondern für Lebensabschnitte einzugehen, immer nur so lange, wie sie uns eben in den Kram passen, uns nicht zu sehr einengen, nicht zu viel Arbeit bedeuten oder bis sich nicht einfach etwas Besseres findet. 


Verträge unterschreiben wir mit einem leichteren Gefühl, wenn sie befristet und schnell kündbar sind.


Und Freunde sind nur so lange eng, wie sie Fehler verzeihen, entspannt bleiben und bloß kein Drama aus Aktionen machen, die aus unserer Sicht halt mal 'dumm gelaufen' sind.


Tinder und co. spielen uns eine Welt vor, in der es reicht, nach links oder rechts zu wischen, um jemanden in unser Leben zu lassen oder halt nicht.


Niemand und nichts ist mehr verbindlich. Verspätungen, die vorhersehbar waren, nimmt man einfach in Kauf. Mit einer kurzen Whatsapp ist man damit durch. Verabredungen, die erst im dritten Anlauf zustande kommen und trotzdem bis zum Schluss die Unsicherheit bleibt, ob sie überhaupt tatsächlich eingehalten werden, sind an der Tagesordnung. Man versteckt sich in der virtuellen Welt, spricht kaum noch miteinander. Es scheint um so vieles einfacher, Unangenehmes anonym per Whatsapp loszuwerden, als jemandem dabei in die Augen zu schauen.


Einige glauben, ihr Leben am meisten bereichern zu können, indem sie alles Mögliche mitnehmen, allen Neigungen und Abenteuern nachgehen, jedes hergelaufene Angebot in Erwägung ziehen. 

 

Sich einzuschränken und sich auf eine Sache festnageln zu lassen? Nein, danke. Das fühlt sich weder leicht an, noch kommt es lässig rüber. Und die vermeintlich geheimnisvolle Aura geht irgendwie dabei auch flöten.


Ich persönlich lehne diese Haltung entschieden ab und mache bei diesem bedenklichen 'Trend' einfach nicht mit! Ich bin nämlich davon überzeugt, dass diese 'Alles-ist-möglich-Mentalität' auf Dauer zu einer inneren Unzufriedenheit führt, weil man nichts richtig anpackt, überall mit-, aber nichts mit Herzblut zu Ende macht und vielleicht viele potenzielle Lebensabschnittsgefährten kennenlernt, aber dabei immer nur an der Oberfläche bleiben wird. Ohne Tiefgang, ohne Plan, ohne Mut, ohne Biss und ohne große Gefühle.


Wir leben in der Generation von Maybes, den Abwartern und Unentschlossenen, den Zögerern und Zauderern. Und haben vergessen, wie man echte Entscheidungen trifft, wie man sich festlegt und wie man sich bindet. Wir haben es uns in unserer Untenschlossenheit bequem gemacht.


Wir leben in einer Zeit, in der vermeintlich alles möglich ist, die uns mit Alternativen überschüttet, in der sich hinter jeder Ecke etwas Besseres verbergen könnte. Eine Zeit, die die Menschen hilflos überfordert, nie ankommen, aber dafür abstumpfen lässt.


Wir schlafwandeln durch eine vernetzte Welt voller Möglichkeiten und fühlen uns letztlich verunsichert angesichts der Fülle der unzähligen Optionen. 


Wir haben uns in eine Mentalität des entweder-oder verrannt, die uns zum Verhängnis wurde, wollen überall dabei sein, nichts verpassen, die Pläne b-z längst in der Schublade liegend, falls Plan a nicht funktionieren sollte.


Es ist ein Irrweg!


Vielmehr ist Mut zur Entscheidung wieder gefragt! Auch, wenn das manchmal unbequem ist.


Unsere Generation hat auch panische Angst vor dem Wort 'Beziehung', als wäre es ein kleiner, giftiger Pilz, der uns in jedem Fall und garantiert in die Verdammnis schickt!


Wir sind die Generation, in der man immer auf etwas Besseres wartet. Wir haben Angst vor Kompromissen, vor Höhen und Tiefen einer Beziehung, vor Verpflichtungen und dem eigenen Freiheitsverlust. Dabei hat es bei unseren Großeltern und Eltern durchaus funktioniert. Stellt euch vor, diese Verrückten haben sogar geheiratet und sich mit dem Herzen und Brief und Siegel zueinander bekannt und sich einander verpflichtet.


Wir hingegen sind eine ziemlich egoistische Generation. Kompromisse gehen wir nur ungern ein, verlangen aber möglichst viel Flexibilität von anderen und in allen Lebensbereichen. 


Wie heißt es so schön: 'Life begins at the end of your comfort zone'. Wer sich also traut, aus Flugzeugen zu springen, mit Haien zu tauchen oder waghalsige Reisen durch die Welt durchzuziehen, der sollte mal wieder etwas wirklich Verrücktes wagen: Sich komplett auf einen anderen Menschen einlassen 😊.


Ich möchte für mehr Verbindlichkeit eine Lanze brechen! Sie hat für mich etwas Magisches und gewinnt für mich immer mehr an Reiz, während sie sich um mich herum immer mehr zu verlieren droht! 


Nur wer für etwas oder jemanden verbindlich einsteht, sich bindet und Verantwortung übernimmt, der erarbeitet sich etwas Langfristiges. Sicherheit. Gefühl.


Nur jemand, der dieses Wagnis mit vollem Herzen eingeht, erfährt die eigentliche Bedeutung von wahrer Verbundenheit.


Alle anderen, die rastlos und immer wieder nach neuen Möglichkeiten hetzen, sich nicht festlegen wollen und hinter jeder Ecke etwas Besseres vermuten, erfahren letzten Endes nur Oberflächlichkeit, Leere und Einsamkeit.


'Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast' 

Antoine de Saint-Exupery