Vive l'amour!

Die wahre Liebe kriegt gerade wenig Luft. Dating-Apps, Erklärungen der Biochemiker und unverarbeitete Verletzungen vergangener Bindungen lassen ihr kaum noch Raum.


Jedoch sollte nach 200.000 Jahren Homo sapiens klar sein: Ohne sie sind wir arm dran!


Aber macht es Sinn, heutzutage an eine monogame Beziehung, an die Liebe zu glauben?


Ich sage: Aber JA!


In unserer heutigen Gesellschaft, schnelllebig und oberflächlich, gibt es immer weniger Sicherheiten. So sehen wir uns gezwungen, Beziehungen stets neu zu definieren. Doch was uns zweifellos Halt in diesem unbeständigen Lebensrausch geben kann, sind unsere Gefühle für einen besonderen Menschen. Ich brauche dich, auch wenn ich nicht abhängig von dir sein möchte. Ich liebe dich heute, auch wenn ich morgen leiden könnte. Bewusst entscheide ich mich für diesen einen Menschen und bin bereit, mit ihm nach einem gemeinsamen Mittelweg zu suchen. Bewusst nehme ich Verletzungen in Kauf und öffne mein Herz, voller Vertrauen, dass es gut behandelt wird. Das ist Liebe.


Wir alle haben schon einige Bindungen auf unserem Lebenskonto. Manche von ihnen sind in unserem Erinnerungskosmos spurlos verschwunden, manche haben tiefe Narben hinterlassen, andere haben uns dabei geholfen, uns weiterzuentwickeln. Das ist der Lauf der Zeit, das ist das Leben. Sich aber nach gescheiterten Bindungen komplett zu verschließen, sich wie ein trotziges Kind schmollend zu verziehen - das halte ich für einen Fehler.


Gibt es eine klare Erkenntnis, was richtig und was falsch ist? Nein, weil das Leben und die Liebe zum Glück unvorhersehbar sind. Die Liebe wird für immer ein wunderbares Rätsel bleiben. Und das ist auch gut so! 


Jeder muss für sich selbst entscheiden, welche Art von Beziehung ihn erfüllt und ihn glücklich macht. Fern von Konventionen, klassischen Rollenbildern oder Mustern aus der Erziehung. Wir alle streben nach Glück und versuchen, Geborgenheit zu finden. 


Ist es in der heutigen Zeit schwieriger geworden, weil uns oft negative Gefühle aus der Vergangenheit hemmen? 


Füreinander da sein, in guten und in schlechten Zeiten, Vertrauen vermitteln und zulassen, sich auf eine andere Person wirklich einzulassen - das klingt für viele in der heutigen Zeit wie eine Utopie, aber wir sollten nicht aufhören, danach zu streben!


Skeptiker, Zyniker, Desillusionierte mögen sich fragen: Wozu noch die Liebe? Im Unterschied zu früheren Zeiten können Menschen doch auch bestens alleine zurecht kommen. Man hat zweifellos weniger Ärger, wenn man der Liebe abschwört und gewinnt eine Menge Zeit für andere Dinge. Sparen wir uns also diesen Shakespeare-Kram.


Aber so einfach ist es nicht. Und diese abgekühlte, harte Einstellung ist aus meiner Sicht auch nicht erstrebenswert. Denn die Sehnsucht nach der einen, der großen Liebe bleibt lebendig. Egal, wie professionell man sie knebelt und fesselt und in die dunkelste Ecke verbannt. Zynismus frisst Seelen auf.


Da Liebe ein Grundbedürfnis ist, lässt es sich nicht so ohne Weiteres auf sie verzichten. Zumindest nicht dauerhaft. Es wird immer etwas Wichtiges im Leben fehlen und man wird es immer spüren, egal, wie sehr der kalte Zynismus das Kommando übernommen hat.


Verletzungen aus der Vergangenheit, schmerzhafte Trennungen, zerstörte Träume von damals, Enttäuschungen, ein zertretenes Herz - aus purer Eigenliebe sollte man diese dunklen Momente hinter sich lassen. Sie sind vorbei, sie sind Vergangenheit. Sie sind nur noch Erinnerungen und haben mit der Gegenwart nichts gemein. 


Wir sollten die Herausforderung Liebe annehmen, weil wir nur einmal leben. Und weil sie das Schönste ist, was uns passieren kann. Was bleibt uns schon, wenn es in unserem kleinen Universum keine echte Liebe mehr gibt?


Blaise Pascal, ein französischer Philosoph aus dem 17. Jahrhundert, hat diesen wunderbaren Satz verfasst: Das Herz hat seine Gründe, die der Verstand nicht kennt.


Hört auf das Herz! Vive l'amour! ♡