Leuchtturm

 

 

 

 

Die nächste Chance, um ohne Reue zu schweigen. Um endlich mal keine Meinung zu irgendwas zu haben, eine die am besten durchrecherchiert und fundiert ist, hier und jetzt und sofort.

 

 

Eine neue Chance, auf niemandes Seite stehen zu müssen, keine tausend Stühle, kein Eierlauf. Nichts beweisen zu müssen. Nicht sich selbst und auch nicht anderen.

 

 

Eine neue Chance, die herbstlich verfärbten Bäume wahrzunehmen, oder die in Scharen wegfliegenden Kraniche zu beobachten. Einfach zu sein. In Stille und innerer Ruhe. Ohne Hetze, ohne böse Worte, ohne die Fassung zu verlieren oder den Dorn des Jähzorns zu fühlen. Manchmal so tief sitzend.

 

 

Eine weitere Chance, ein Lächeln zu erwidern, den warmen Wind im Gesicht zu spüren und die Augen für einen längeren Augenblick zu schließen, um diese wertvollen Momente nicht zu verpassen.

 

 

Die nächste Chance, um Seinen Glanz in die dunkelste Ecke des Herzens zu lassen. Und um in diesem Glanz endlich wieder durchzuatmen, frei von Verletzungen, Angst, Streit, Verurteilung und Sorge.

 

 

Um in Seinem Glanz und Seinem Licht endlich wieder auszuruhen, zu besinnen. Um wieder aufs Neue die Schönheit der Welt sehen zu können, das Gute im Menschen oder die Freude über die kleinen Dinge. Um sich zu erholen von den vielen leeren Worten. Den vielen leeren Menschen. Und um sich wieder an den Farben der Welt zu erfreuen. Und an Stille.

 

 

Es ist eine Chance, den Leuchtturm des Lebens wieder deutlich zu erkennen. Den einzigen Zufluchtsort, in dem man wirklich sicher sein kann. Wo man sein darf, wie man ist. Pur und unverändert. Mit allen Schwächen, mit allen schlechten Gedanken, mit dem ganzen Dreck der Welt, der an einem haftet.

 

 

Und genau deshalb brauche ich Seinen Glanz, Sein warmes, blendendes Licht in meinem Herzen. Ein Licht in der Dunkelheit. Hoffnung.

 

 

Es ist eine neue Chance zu erkennen, dass es ohne Ihn nur Dunkelheit gibt und ohne Ihn nichts Sinn ergibt. Dass ohne Ihn alles ohne Geschmack ist, ohne Leben, ohne Hoffnung.

 

 

Menschen, Beziehungen, Arbeit, Ereignisse, Verluste und Gewinne, Freude und Enttäuschung, die guten und die schlechten Träume, Dramen, Tränen, Lachanfälle – alles kommt und geht. Alles verändert sich ständig wie in einem Kaleidoskop. Nichts ist mehr beständig, Angst verschlingt und tötet unsere Träume. Gewaltig und intensiv, laut und störend. Wie besessen hetzt das Leben hinter Likes auf Facebook oder Instagram, Oberflächlichkeit ist wichtiger als eine Seele. Vermeintliche Erfolge, Geld, Neid, Hass. Meetings, Verabredungen, verpasste Telefonate, nicht erledigte eMails, Pflichten, die einem über den Kopf wachsen. Oder auch Menschen, die einem über den Kopf wachsen. Aber auch Menschen, die man schon lange nicht gesehen hat und keine Zeit findet, um diese Bindungen wieder aufleben zu lassen. Menschen, die geparkt wurden. Wie die vielen unerledigten Verpflichtungen, die man manchmal kraftlos ignoriert, müde und erschöpft vom Leben.

 

Ein neuer Montag. Eine neue Woche. Alles hetzt, alles rennt unermüdlich und fordert uns alles ab. Unerbittlich. Ohne Gnade. Ohne Mitgefühl.

 

 

Alles schreit um einen herum. Alles ist laut und aufdringlich.  Jeder kennt sich mit allem am besten aus. Jeder hat unbedingt recht. Unerbittlich und manchmal auch unfair. Niemals weiß man, ob es genug war, ob es ausreicht. Mitzuhalten, mitzuhetzen, mitzuhassen. Um letztlich selbst beurteilt und gehasst zu werden. Und zur Not auch vernichtet. Sie richten über dich, sie beurteilen dich. Du bleibst alleine. Enttäuscht von Menschen und enttäuscht von sich selbst. Ausgelaugt und kraftlos.

 

 

Ein Gebet mitten am Tag? Eine kurze Besinnung darauf, was wirklich von Bedeutung ist? Inmitten dieses Chaos undenkbar, Gott kann auch warten. Schließlich haben wir noch nicht einmal Zeit für uns selbst, für ein gutes Gespräch oder den Blick in die Augen des anderen. Stattdessen starren wir auf den Fernseher oder verschwenden unsere Zeit am Smartphone, erschöpft und müde vom Morgen, der uns am Vorabend schon bedrohlich anlächelt. Während wir Szenarien schreiben, für das, was kommen soll, vergessen wir oft das Heute. Wir vergessen Ihn. Unser Leben ist gepflastert von leeren Momenten. Momenten, in denen nichts passiert. Wenn man im Stau steht, den Fahrstuhl nutzt oder der Kaffeemaschine beim Zubereiten des weiteren Koffeinschubs zusieht. Genau diese Momente sind Gelegenheiten, sich auf Ihn zu besinnen. Ihm diese Augenblicke zu schenken, kurz aufzuatmen und sich mit Seiner Zuversicht vollzutanken. Ihm unsere Sorgen, aber auch unsere Mitmenschen, die wir lieben, anzuvertrauen. Oder Ihm einfach zuzulächeln. Er wartet. Hier und jetzt. Immer.

 

 

Nur Seine Liebe ist wirklich frei von Lügen, von Verurteilung, von Berechnung, von Vorwürfen, von Launen oder Verhandlungen. Nur Seine Liebe dauert ewig, ist beständig und vollkommen. Nur er ist der wahre Trost. Es reicht, dass Er da ist, dass ich Ihn nicht verliere und meine Hand in Seiner spüre. Immer. Er heilt, Er balsamiert, Er berührt und Er liebt. Seine Liebe erleuchtet alles. Ohne Bedingungen, einfach verlässlich. Wie ein Leuchtturm, der jede Nacht leuchtet, um verlorenen, erschöpften Seelen den Weg zu weisen. Oder auch denen, die orientierungslos und überheblich gegen einen Felsen steuern. Gott liebt bedingungslos. Er liebt pur und ohne Gegenleistung.

 

 

Gott ist gut. Gott ist einfach. Gott ist geduldig.

 

 

Bitte Gott, komm und versorg´unsere Wunden, insbesondere die unter den perfekten Lächeln. Bitte Gott, hauche uns wieder eine frische Brise in die Herzen und die Köpfe ein, die völlig erschöpft aufgehört haben, für das Gute zu kämpfen. Für Liebe. Für das Wichtigste.

 

Bitte Gott, komm und erinnere uns an unsere schönsten Träume. Erinnere uns an die Bedeutung von wahrer Schönheit, bedingungsloser Herzlichkeit, Bescheidenheit, Vertrauen. Wecke das Leben wieder in uns, hilf uns aus dieser Dunkelheit, lasse uns wieder alles in neuem Licht sehen.

 

Bitte komm´ und flüster´uns zu, dass wir wichtig sind, dass wir das Licht nicht verloren haben.

Bitte komm´ und befreie uns von dieser Dunkelheit.